Flugsicherheitstraining in Gap vom 5. bis 10. September 2010

Stage de Formation complémentaire

von Adi Schell und Stefan Heine (Bilder: Antje Ruße, Adi Schell)

Seit mehr als fünf Jahren organisiert der Luftsportverband Rheinland-Pfalz zwei Mal im Jahr Flugsicherheitstrainings in den französischen Seealpen um Gap herum. Also schon fast traditionell fand das zweite Sicherheitstraining in diesem Jahr vom 5. bis 10. September 2010 statt.

Gap-Tallard ist ein Flugsportzentrum, wo Motorflug, Segelflug und Fallschirmspringen intensiv und meist gleichzeitig stattfinden. Das Einstiegstrainingskonzept richtet sich an Piloten, die ihre Kenntnisse im Auslandsflug erweitern und insbesondere neugierig sind auf die Herausforderungen und die unwiderstehliche Attraktivität des Fliegens in den Alpen.

Die Organisation der Anreise von 42 Teilnehmern ab Sammelpunkt Bremgarten in zwei Formationen mit insgesamt 27 Maschinen (Echos, Motorsegler und UL), erforderte eine nach Fluggeschwindigkeit gestaffelte Gruppeneinteilung. Jeweils ein Gruppenleiter an der Spitze, verantwortlich für die letzte Wetterprognose, Flugplanaufgabe, Funkverkehr auch zum Mithören der Flugsicherungsorgane sowie enroute-Informationen auf der gemeinsamen Bord-Bord-Frequenz.

Die heimische Wetterlage allerdings mit zähem Nebel sogar im Hochrheintal sorgte für eine relativ späte Abreise in Bremgarten, was jedoch durch einen gelungenen Formationsstart mit versetzter Aufstellung aller Gruppenfluggeräte auf der Startbahn wieder wettgemacht wurde.

Weniger spektakulär war dann zunächst die Flugroute an der Baseler Kontrollzone entlang nach Bourg Ceyzériat mit Tankstop. Anschließend über das französische Jura bis La Tour du Pin, dem Wendepunkt zum dann schon atemberaubenden Einflug in die Alpen über Grenoble bei ausgezeichneter Sicht. In 4000 Fuß Höhe ging es unmittelbar an den Gebirgskämmen entlang, um das Beschränkungsgebiet des im Kessel des Stadtzentrums liegenden ESRF-Teilchenbeschleunigers zu umrunden.

Für Flachlandflieger ist es ohne Zweifel beruhigend zu wissen, das GPS als sekundäre Orientierungshilfe nutzen zu können, doch hier wurde schnell klar, daß Fliegen in den Bergen wieder ein mehr auf terrestrische Anhaltspunkte konzentriertes Navigieren erfordert. Zumal dort konkret für den Einflug in das richtige Tal entscheidend war, auf mindestens 6000 ft zu steigen, um überhaupt erst eine Sicht auf drei markante natürliche Seen zu bekommen.

Mit einem Linksschlenker nach La Mure danach der Einflug ins relativ breite Drac-Tal. Schon diese Phase des Alpenfliegens gibt erste unvergeßliche Eindrücke als Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte.
Der anschließende Anflug auf das verkehrsreiche GAP-Tallard erforderte als navigatorische Übung eine kontrollierte Abstiegsroute über Pflichtmeldepunkte (Continous Decend Approach) – November in 4500 ft und Echo 1 in 3500 ft – in die Motorplatzrunde auf 2700 ft. Das Abhören der ATIS-Information, durch die Gebirgsformation erst spät empfangbar, und englischsprachige Kommunikation mit der Flugleitung sind hier Grundvoraussetzungen.

Nach der Landung und Sicherung des Fliegers folgte der Einzug ins direkt am Flugplatz gelegene Hotel. Im Anschluß an das Abendessen referierten unsere drei Instruktoren Carl-Otto Weßel, Günther End und Ernst Eymann, Fluglehrer und Verbandsfunktionäre des LSV-RP über den beabsichtigten Programmablauf und die zeitliche Einbettung in die zu erwartende Wetterlage.

In Bezug auf das Wetter hatten wir jedoch wirklich Glück, weil sich teils heftige Gewitter in der Nacht entluden und bis auf einen Tag praktisch jeden Tag geflogen werden konnte. Nicht weiter tragisch, denn auch das unvermeidliche Theoriepaket der zu vermittelnden Flugsicherheitsaspekte konnte so elegant in ein günstiges Zeitfenster integriert werden. Es wurden die Grundlagen des Fliegens im Gebirge detailliert vorgestellt und darüber hinaus vermittelte uns eine weitere Instruktorin, die Fränzösin Denise, ein paar wesentliche Phrasen der hier an Flugplätzen ohne Flugleiter obligatorischen französischsprachigen Kommunikation.
Jeder aktive Flugtag begann mit einem ausführlichen Wetterbriefing und der Besprechung der Flugrouten sowie der Besonderheiten der anzufliegenden Flugplätze.

Bereits am ersten Tag stand eine Rundreise durch die alpinen Hochtäler auf dem Programm. Sie führte über das Drac-Tal bis zum Lac du Sautet mit anschließender Ausgangshöhe von 8000 Fuß. Dann ging es auf Nordkurs über den Altiport l´Alpe d´Huez hinweg und weiter mit Ostkurs vorbei an Les-Deux-Alpes entlang der Schlucht des Parc National des Ecrins mit Überwindung der Passhöhe Col du Lautaret und über Briançon zur Zwischenlandung auf dem Flugplatz Mont Dauphin.

Im direkt benachbarten malerischen Bergdörfchen Saint Crépin genossen wir den phantastischen Rundblick auf das Tal und ein verdienter Drei-Gänge-Imbiß lud die internen Batterien wieder auf.
Vor dem Aufbruch zum letzten Teil des Tagesausflugs wurde die durch die tageszeitabhängigen Talwindsysteme entscheidend beeinflusste Abflugroute besprochen. Die hier am Nachmittag vorherrschende „Brise“ erforderte nämlich wegen eines gleich nach dem Start bestehenden kräftigen Abwindbereichs eine Abflugstrecke nach links über eine Festung, um danach in einem Vollkreis die an den Berghängen unterstützenden Aufwinde zu nutzen, notwendig für eine ausreichende Ausgangshöhe zurück ins Durance-Tal in Richtung Lac du Serre Ponçon. Dabei machte die Brise ihrem Namen alle Ehre, sorgte sie doch auch wegen kontinuierlichen „Saufens“ für eine recht bescheidene Groundspeed von etwa nur 50 km/h.

Wie man zunächst vermuten mag ist dabei schiere Motorleistung längst ist nicht alles, wie beispielsweise die Teilnehmer mit einem Kiebitz oder einer Sunrise demonstrierten, denn bei geschickter Ausnutzung der natürlichen Aufwindkomponenten ist mit ULs schon mit vergleichsweise knapper Motorkraft ohne weiteres sicherer Alpenflug möglich.

Nicht zu kurz kamen übrigens auch die Aspekte der reichen Kulturlandschaft, Informationen zur jeweils lokalen Historie präsentierte Günther End, sein weiteres Spezialgebiet bestand darin, bei passender Gelegenheit seine Michelin-Kenntnisse dosiert einzustreuen.

Weitere Tagesetappen führten zunächst über den Flugplatz Aspres sur Buëch mit seiner Crossbahn zur Landung auf der Altisurface La Motte Chalançon.

Man unterscheidet einfache Graspisten, die Altisurfaces und die Altiports, welche über eine feste Asphaltbahn verfügen. Gemeinsam ist solchen Plätzen eine am Berghang angelegte deutlich geneigte Piste, die auch bei naturgemäß topografisch beengten Raumverhältnissen eine Landung generell bergauf und Starts immer bergab auf entspechend kurzen Bahnlängen gestattet. Insbesondere für Echoflieger eine Herausforderung wegen der vergleichsweise höheren Massen, weil Durchstartmanöver fast immer ab einem gewissen Entscheidungspunkt nicht mehr möglich sind. Konsequenterweise ist in Frankreich hierfür eine spezielle Einweisung durch qualifizierte Fluglehrer vorgeschrieben.

Oberhalb der Passüberquerung kurz vor La Motte Chalançon dann kreuzte majestätisch ein Adler ohne merkbaren Flügelschlag unmittelbar unsere Flugbahn, er wird sich wohl vergewissert haben, dass in dem merkwürdigen Fluggerät keine ernstzunehmende Konkurrenz bestand. Für Kenner sind Greifvögel bekanntermaßen ein untrügliches Zeichen für das Vorhandensein von Thermik.

Der Nachmittag bot noch genügend Zeit für einen Abstecher mit Ostkurs dem Vallée de l´ Ubaye folgend zum Flugplatz Saint Pons, westlich des Städchens Barcelonnette gelegen, nicht unweit der italienischen Grenze. Auch dieser Platz ist ausserordentlich beliebt bei vielen internationalen Seglern, die ihre Fliegerlager auf dem angrenzenden Campingplatz halten und – nicht zuletzt begünstigt durch seine Lage – mit der Talbrise in die Thermik aufsteigen können.

An unserem letzten Tag dann, sozusagen als Steigerung und echtes Highlight, standen der Anflug und die Landung auf dem Altiport l´ Alpe d´ Huez auf dem Programm. Für die notwendige Anflugpräzision waren zuerst zwei Überflüge unverzichtbar (Installation verticale) : Der Erste in etwa 600 Fuß zur Begutachtung der Windsäcke und danach in 30 Fuß zum Einstellen des Höhenmessers auf die bekannte Höhe der oberen Bahnschwelle. Die ist wichtig für die richtige Wahl der Anflughöhe, denn der Unterschied zwischen oberer und unterer Schwelle beträgt dort rund 200 Fuß !
Obligatorisch neben dem wie sonst auch exakten Halten der Geschwindigkeit und der Flughöhe war das Absetzen der Blindmeldungen in der genau vorgegebenen Platzrunde. Im Abfangbogen muss dann mit deutlich Gas praktisch im Steigflug bergauf gelandet werden, um unmittelbar nach dem Aufsetzen Leistung nachzuschieben, um auch noch den Abstellplatz erreichen zu können.
Eine vorübergehende Kurzatmigkeit nach der geglückten Landung war sicherlich nicht nur auf die dünnere Luft hier auf 6100 Fuß zurückzuführen.
Eine weitere Besonderheit an diesem Platz ist das Startprozedere, welches wegen fehlender Einsicht in den Anflugsektor von der oberen Startplattform aus gesehen die Ankündigung des Aufrollens und des Starts mit einer Minute Vorlauf erfordert – alignement et décollage dans une minute.

Erfahrungsaustausch und nicht zuletzt Belohnung dann am gemeinsamen Abschlussabend, mit vin rosé und Häppchen wurden die Erlebnisse der vergangenen Tage noch mal gebührend gefeiert.

Neben den vorzüglichen Eindrücken der Alpenkulisse sollen auch die angenehmen Aspekte der sehr flexibel angelegten Führung durch die Organisatoren nicht unerwähnt bleiben. Parallel zu den Alpenausflügen wurden gleichzeitig für Meeresliebhaber alternative Ziele am Mittelmeer wie Fayance, Cannes oder dem privat betriebenen Platz von Fréjus angeflogen.

Von den Initiatoren wird es gerne gesehen, wenn „Wiederholungstäter“ sich bei künftigen Terminen an die gebotene Infrastruktur anlehnen und dann ganz autark den Aufenthalt vor Ort für individuell und unabhängig von den Gruppen durchgeführte Touren nutzen können. Die in der Regel schon weit im voraus ausgebuchten Termine, jeweils im Frühjahr und Spätsommer, sprechen jedenfalls für den Erfolg und die Beliebtheit dieses Flugsicherheitstrainings.

Alle Absolventen des Flugsicherheitstrainings haben über eine umfangreiche Vorbereitungsmappe hinaus durch den Luftsportverband eine Teilnahmebescheinigung über die theoretischen und praktischen Lehrinhalte bekommen.

Die Rückreise erfolgte plangemäß bei gutem Wetter, parallel wurde eine alternative Rückflugroute über den Alpenhauptkamm durch die Schweiz über die beiden VOR FRI (Fribourg) und GRE (Grenchen) angeboten

Links: – Luftsportverband Rheinland-Pfalz e.V. lsvrp.de
– Fliegen in Frankreich Flyinfrance.free.fr
Sia.aviation-civile.gouv.fr
Karten: Jeppesen VFR-GPS Charts LF

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