Auf Erfolgskurs

von Patrick Holland-Moritz (aerokurier 6/2010)

Zu Besuch in WEILERSWIST

Eine Truppe munterer UL-Piloten startet durch: Die Ultraleicht-Fluggruppe „Nordeifel“ braucht sich um Mitgliederschwund nicht zu sorgen. Seit Jahren erlebt der 1983 gegründete Verein einen Aufschwung sondergleichen.

So richtig in Fahrt kam die Erfolgsgeschichte der Ultraleicht-Fluggruppe „Nordeifel“ im Jahr 2001 mit dem Bau der ersten Halle, der schon ein paar Jahre später die zweite folgte.

Der spartanische Startleiterwagen aus den Pioniertagen mußte schon bald dem ersten Vereinsheim weichen, das 2008 wiederum einer beinahe schon luxuriös anmutenden Unterkunft mit Vereinsbistro, Flugvorbereitungsraum und einem eigenen Tower Platz gemacht hat.
Im Frühjahr 2009 schließlich wurde die Grasbahn von 280 auf nunmehr komfortable 500 Meter verlängert.

Seit März hat sich in Weilerswist eine kommerzielle Flugschule nieder gelassen, die auch Tragschrauber-Piloten ausbildet. Mit dem Anschluss des gepachteten Geländes an das Stromnetz ist seit einigen Wochen auch die Ära der Dieselaggregate und Gaskühlschränke passé.
150 Mitglieder, davon rund 70 aktive Piloten, haben in Weilerswist-Müggenhausen am Rande der Eifel ihr Fliegerparadies gefunden.

Auf der Suche nach dem Erfolgsrezept haben wir dem rührigen Verein einen Besuch abgestattet. „Häuptling“ Werner Karg legt dabei auf eine Sache besonderen Wert: „Wir pflegen ein gutes Verhältnis zu unserern Nachbarn“. An dieser Stelle kommte eine gehörige Portion Lokalkolorit ins Spiel, denn die Fliegergruppe macht sich in der dörflichen Vereinsgemeinschaft stark. Bei drohender Waldbrandgefahr gehen die Kameraden von der Feuerwehr schon mal für Beobachtungsaufgaben mit in die Luft, oder es werden Rundflüge für die Tombola des befreundeten Karnevalsverein gestiftet.

Einmal im Jahr steigt das Wiesenfest. „Das ist der Flugtag für unsere Nachbarn. Dann ist hier richtig viel los, vom Modellflug bis zum Fallschirmsprung“, sagt Karg.

Moderate Gebühren schonen das Budget

Beim „Spatzenfest“ dürfen dann die ganz Kleinen aus dem örtlichen Kindergarten für zwei, drei Platzrunden ihre Heimat von oben anschauen. Auch Schulkinder kommen zum Zug. „Hast Du 30 Kinder als Freunde, sind 60 Elternteile auch Deine Freunde“, freut sich Karg. Wir möchten, dass die Bürger uns als ihre Flieger wahrnehmen und nicht als rücksichtslose Krachmacher.“

Für die Piloten bedeutet die Mitgliedschaft in Weilerswist „ein Vereinsleben ohne den biederen Anstrich der Vereinsmeierei“. Gemeinschaft wird groß geschrieben, gemeinsame Ausflüge sind fester Bestandteil des Vereinslebens. Einmal im Jahr steht eine mehrtägige Tour auf dem Programm, etwa in die Berge oder rauf auf die Inseln. Dazwischen starten immer wieder mal Gruppen zu gemeinsamen Tagestripps.

Finanziell ist die Mitgliedschaft überschaubar: 240 Euro Beitrag bucht die Kassiererin jedem Mitglied ab. Gleichermaßen fair wie außergewöhnlich ist das Modell der Arbeitsstunden: Zu Jahresbeginn werden jedem Mitglied 25 Stunden á acht Euro in Rechnung gestellt. Wer arbeitet, erhält pro Stunde acht Euro Gutschrift, wer nicht arbeitet, kauft sich mit den gezahlten acht Euro pro Stunde frei. Am Jahresende wird aus der Summe aller Arbeitsstunden der Mittelwert pro Mitglied gebildet. Liegt der Wert unter 25 Stunden, wird der zu viel bezahlte Betrag erstattet.

Ein weiterer Pluspunkt für den Verein ist die verkehrsgünstige Lage des Flugplatzes. Viele Mitglieder kommen aus dem Großraum Köln/Bonn, der über die angrenzende Autobahn in gut 30 Mnuten zu erreichen ist.

Wild-Thing-Piloten treffen sich am 6. Juni

Voller Einsatz des Vorstandes war beim Bahnausbau gefragt. „Die Bahn kommt“ wurde zum geflügelten Wort“, blickt Karg auf so manche Versammlung zurück. Drei Jahre dauerte das Ringen mit den Behörden um den erweiterten Grasstreifen, dessen Genehmigung auch jetzt noch vorläufigen Charakter hat. Wegen der umliegenden Naturschutzgebiete muss der Verein nun einige Auflagen erfüllen. Ein schillerndes Beispiel für behördliche Phantasie: Gewisse Grasflächen dürfen nur zweimal im Jahr gemäht werden. Alternativ dürfe der Verein aber von März bis Oktober acht Schafe halten. „Das haben wir dann dankend abgelehnt“, sagt Karg.

Ohne Sponsoren wäre der Bau der Hallen nicht möglich gewesen. Die Vereinsmitglieder – viele von ihnen hatten ihre Flugzeuge bis dahin in Scheunen oder im Freien geparkt – haben die Gebäude selbst finanziert. Wer damals Geld in den Topf geworfen hat, parkt heute kostenlos oder vermietet seinen Platz auf eigene Rechnung an einen anderen Piloten. Komfortabel ist die Aufteilung der Hallen in separate T-Boxen für jeweils zwei ULs. Neulinge haben allerdings schlechte Karten, ihr Flugzeug unterzustellen. „Wir haben rund 50 Stellplätze, die zurzeit alle belegt sind“. Auch der Bau des neuen Turms ist übrigens einem Sponsor aus den eigenen Reihen zu verdanken.

Vereinseigene Flugzeuge gibt es in Weilerswist nicht. Der Verein versteht sich als Zusammenschluss privater Halter. So ist am Platz die komplette Bandbreite der UL-Szene vertreten – von der sportlichen FK 14 Polaris bis hin zum selbstgebaueten Doppeldecker Renegadde. Trikes und Motorschirme sind dort ebenfalls zu Hause. Zugelassen ist das Gelände auch als Startplatz für die drei dort stationierten Heißluftballone.

Selbst Flugschüler mussten bisher mit eigenem Gerät antreten. „Das hat sehr gut funktioniert“, sagt Karg. Mit mehr als 30 gemeldeten Schülern Ende 2009 wurde die vereinseigene Schule letztlich Opfer ihres eigenen Erfolgs, so dass zum 1. März eine gewerbliche Schule mit eigenem Fluggerät an den Platz geholt wurde. „Steuerlich und organisatorisch konnten wir das mit unseren eigenen Fluglehrern nicht mehr stemmen“, sagt Werner Karg.

Wer selbst in Weilerswist landen möchte, kann dies zum Beispiel am
6. Juni tun: Dann steigt am Platz ein Wild-Thing-Treffen mit viel guter Laune und einem Feldgottesdienst, zu dem natürlich nicht nur Piloten des urigen Ganzmetallers willkommen sind.