Weilerswist-Müggenhausen – Es gibt sie schon seit 37 Jahren: die Ultraleicht-Fluggruppe Nordeifel in Müggenhausen. Doch jetzt gibt es etwas, was es in der Geschichte des fast 15o Mitglieder starken Vereins noch nicht gab. Zumindest nicht in dieser Form. Seit wenigen Wochen verfügt der Verein über eine eigene Flugschule und ein Vereinsflugzeug. ,,In dem können wir Fußgänger zu Piloten ausbilden“, sagt Stefan Heine, der zweite Vorsitzende, nicht ohne eine gewisse Portion Stolz.
Während viele Vereine landauf, landab wegen der Corona-Pandemie ihre Aktivitäten einstellen mussten, hat die Ultraleicht-Fluggruppe auf dem Flugplatz mitten im Feld zwischen Schwarzmaar und Vernich ihre Möglichkeiten genutzt und eine vereinseigene Flugschule aufgebaut, in der künftige Piloten ihr Fliegerhandwerk in der ultraleichten Klasse von Grund auf lernen können.
Billig ist das nicht, doch weitaus preiswerter, als wenn man als angehender Pilot in der darüberliegenden „Echo-Klasse“ sein fliegerisches Rüstzeug erwerben will, wie der Vorsitzende der Ultraleichtflieger, Dr.-Ing. Werner Roye, sagt: „So ein Pilotenschein für Ultraleichtflieger kostet etwa ab 4.500 Euro, in der eine Stufe höheren Echoklasse fäng das wohl bei 10.000 Euro an.“ Ein Freund habe den Pilotenschein für Echo-Sportmaschinen gerade absolviert und dafür inklusive aller Flugstunden rund 13.500 Euro bezahlt, sagt Roye.
Sieben ausgebildete Fluglehrer hat die Ulltraleichtfluggruppe. Ausbildungsleiter ist Dr. Uwe Gallkowski, ein erfahrener Piloten-Lehrer, der schon lange als Piloten-Ausbilder tätig ist und jetzt nach Müggenhausen gewechselt ist. Zum Vorstand gehören noch Kassenwart Harald Hammerschmidt, Schriftführer Armin Denzel und der Technische Obmann Karl Fuchs.
Flugstunde kostet knapp 100 Euro
Auf dem Müggenhausener Flugplatz, der mit seiner 500 Meter langen Start- und Landebahn nur für Ultraleicht-Flugbetrieb zugelassen ist, können Luftsportbegeisterte nicht nur Fliegen lernen. Wenn sie die Pilotenlizenz haben, können sie nach einem Einweisungsflug mit der vereinseigenen Comco Ikarus C42 selbst losfliegen. Denn die Vereinsmaschine mit dem Kennzeichen D-MIDB und einem Leergewicht von knapp 28o Kilogramm und einem Höchstgewicht von 472,5 Kilogramm kann man auch chartern. 99 Euro kostet die Flugstunde, in der neben der Miete für das Flugzeug mit einer Flügelspannweite von 9,70 Metern auch der nötige Treibstoff und die Versicherung enthalten sind. „Unsere Ikarus verbraucht 15 bis 17 Liter je Flugstunde. Sie legt etwa 150 bis 170 Kilometer pro Stunde zurück. Das ist, gemessen an einem Auto, ein guter Wert, denn man kommt ja auch so weit, ohne an eine Straße gebunden zu sein“, sagt Roye. Vollgetankt kann die Ikarus rund 6oo bis 7oo Kilometer zurücklegen, kann also aus dem Rheinland locker bis nach Borkum, Leipzig oder Südbayern fliegen. Und das in einem Tempo, von dem Autofahrer nur träumen können.
Landen können die Ikarus und alle anderen Ultraleichtflieger auf jedem zivilen Flugplatz in Deutschland. Die Nutzlast der Maschine ist allerdings begrenzt. Ist sie vollgetanlt, dann dürfen Pilot und Fluggast kaum mehr als 160 Kilogramm wiegen. Wer also etwas größer ist und etwas mehr wiegt, der muss dann doch auf die leistungsfähigere und größere Echo-Klasse ausweichen. Und muss mit deutlich höheren Kosten kalkulieren. In der Echo-Klasse dürfen die einmotorigen Maschinen bis zu zwei Tonnen wiegen. Erkennbar ist das an der individuellen Kennzeichnung auf dem Rumpf.
Rettungsschirm für den Notfall an Bord
Ultraleicht-Fluggeräte werden als motorisierte Fluggeräte mit dem Buchstaben „M“ gekennzeichnet. Es gibt sie übrigens als klassische „Dreiachser“ mit Höhen-, Seiten- und Querruder. Das sind dann als Hochdecker, Tiefdecker oder Doppeldecker richtige Flugzeuge. Und es gibt die sogenannten Trikes, also Motorschirmgleiter, die rein durch Gewichtsverlagerung gesteuert werden und aus einem Gleitschirm und einem Motor mit Pilotensitz und Fahrwerk bestehen, oft auch mit einem Passagiersitz.
Alle Ultraleicht-Fluggeräte haben einen Rettungsschirm an Bord, an dem die gesamte Maschine im Notfall verlangsamt auf die Erde zurückkommen kann. „Mit einer Rakete wird der Rettungsschirm ausgelöst“, sagte Dr.-Ing. Werner Roye.
Harmonisches Vereinsleben garantiert
Knapp 8o aktive Flugsportler hat die Ultraleicht-Fluggruppe Nordeifel derzeit, nicht mehr aktive Mitglieder unterstützen den Verein ebenso wie knapp vier Dutzend Fördermitglieder. Bei aller Freude am Flugsport kommt auch das Vereinsleben nicht zu kurz. An Wochentagen ist der Tower ab 17
Uhr besetzt und der Platz damit geöffnet, an Wochenenden und an Feiertagen ganztägig. Dann treffen sich die Flieger und Besucher im vereinseigenen Bistro bei Kaffee, Kuchen und Kaltgetränken.
Wer mehr wissen will, kann sich auf der Homepage der Ultraleicht-Fluggruppe Nordeifel (https://www.ul-weilerswist.de) informieren, die übrigens auf dem Fluggelände schon hochklassige Wettbewerbe wie Deutsche Meisterschaften ausgerichtet hat.
Erschienen im Kölner Stadtanzeiger am 22. Juli 2020
Autor: Bernd Zimmermann